Auf dem Weg zur Fahrradstadt

Radfahren in Jever: Eine Bestandaufnahme

01.10.2020 · von Oliver de Neidels

Mit dieser Webseite möchte ich Jever auf dem Weg zur Fahrradstadt begleiten, der mit dem Radfahrplan 2030 begonnen werden soll. Innerhalb von zehn Jahren soll sich für Radfahrende in der Marienstadt vieles verbessern. Deshalb finde ich es wichtig, dass ich zum Start eine (unvollständige) Bestandsaufnahme mache, zumindest was den wichtigsten Teil der Radinfrastruktur angeht: Die Radwege.

Am Eichenwall, Cleverns
Teil eines empfohlenen Schulwegs in Jever. Nicht benutzungspflichtig. Bild: Oliver de Neidels

Viele Menschen in Jever fahren mit dem Rad. Und das obwohl Jever nicht besonders einladend zu Radfahrenden ist. Das soll sich bald ändern: Mit dem Radfahrplan 2030. Die Voraussetzungen sind gut: Flaches Land, nicht besonders viel Verkehr und eigentlich alles gut erreichbar. Nur die Infrastruktur fehlt bisher noch.

Wer in Jever Fahrrad fährt, der tut das bisher nicht wegen, sondern trotz der Infrastruktur. Denn genau genommen gibt es keine Infrastruktur die den Namen verdient. Wann immer man in Jever von einem Radweg redet, ist das Wort eigentlich falsch: Die meisten Wege im Stadtgebiet sind nämlich Gehwege, die aus diversen Gründen eigentlich nicht für den Radverkehr freigegeben werden dürften (lt. ERA – Empfehlungen für Radverkehrsanlagen). Und wenn es doch mal Radwege gibt, dann sind sie in schlechtem Zustand.

Ein Blick auf die „Radwege“ in Jever

Radwege kann es nur an den Hauptverkehrsstraßen geben, denn in Jevers Nebenstraßen sind fast überall Tempo-30-Zonen eingerichtet. Folglich darf es hier keine Radwege geben. Die wichtigsten und verkehrsreichsten Straßen sind die ehemalige B 210 in Ost-West-Richtung und die L 813 in Nord-Süd-Richtung. Dazu kommen noch die Querverbindungen Ziegelhofstr./Adolf-Ahlers-Str. und Anton-Günther-Str.

Ehemalige B 210

Von der Wittmunder Straße ab dem westlichen Ortseingang an der Normannenstraße bis zum Elisabethufer/Ecke Schillerstraße gibt es einen Gehweg auf der Südseite (am Elisabethufer an der Graft entlang), der zusätzlich für beide Fahrtrichtungen für den Radverkehr freigegeben ist. Die Breite ist dabei überall deutlich unter 2 m und damit viel zu schmal für die angedachte Nutzung. Die Oberfläche hingegen ist gut: Der Weg ist asphaltiert.

Ab der Ecke Schillerstraße bis zum Ortsausgang und der Ampel bei Famila gibt es auf beiden Seiten einen Gehweg, der auch auf ganzer Länge für den Radverkehr freigegeben ist. Auch hier gibt es über weite Strecken das Problem, dass die Wege zu schmal für die Freigabe für den Radverkehr sind. Dort wo der Weg breit genug ist gibt es andere Probleme: Bushaltestellen, Geschäfte, MG-Schüler und das Gefälle stadtauswärts sind Ausschlusskriterien für diese Nutzung. Die Oberfläche ist auch nicht optimal: Rutschige Klinkersteine und gefastes Betonpflaster.

L 813

Im nördlichen Teil der L 813 in der Wangerländischen Straße und Schillerstraße gibt es zum Teil auf beiden Seite Gehwege, die für den Radverkehr freigegeben sind. In der Schillerstraße sind die Wege zwar fast überall gerade breit genug, aber durch das starke Gefälle und die Enge im Bereich der Brauerei sollten die Fahrräder auch hier nicht auf dem Gehweg fahren dürfen.

Der südliche Teil beginnt mit der kurzen Blauen Straße, die auf beiden Seiten Gehwege hat. Für den Radverkehr ist nur in südlicher Fahrtrichtung der Gehweg freigegeben.

Die Bahnhofstraße und die Schützenhofstraße (und im weiteren Verlauf die Rahrdumer Straße) sind die einzigen Straßen im Stadtgebiet, die einen straßenbegleitenden Radweg haben. Es steht dort zwar kein Schild, aber durch die Aufmachung sind diese Wege als sog. „Andere Radwege“ erkennbar, also nichtbenutzungspflichtige Radwege. Diese Radwege dürfen benutzt werden, müssen aber nicht. Durch die mangelhafte Oberfläche (in die Jahre gekommenes gefastes Betonpflaster mit vielen Unebenheiten, Baumwurzeln etc.) und die Führung zwischen Geschäften, Schulen, Bushaltestellen, Parkplätzen, Hauseingängen und Glascontainern ist von der Nutzung allerdings abzuraten. Außerdem ist der Weg nur breit genug für einen Radfahrer. Überholen geht hier nur, wenn verbotenerweise auf den Gehweg ausgewichen wird. Auf der Rahrdumer Straße ist der Radweg zum Überholen breit genug, er darf aber nur stadtauswärts befahren werden. Die Gegenrichtung hat erst ab der Einmündung Rahrdumer Schweiz die Erlaubnis den zu schmalen Gehweg stadteinwärts zu befahren.

Ziegelhofstraße/Adolf-Ahlers-Straße

Hier ist der schmale Gehweg in beide Richtungen für den Radverkehr freigegeben bis auf das Stück entlang der Parkplätze bei EDEKA und der Pizzeria. Dort fehlt die Beschilderung und die Fahrräder müssen auf die Fahrbahn. Nicht nur die fehlende Breite ist hier ein Ausschlusskriterium: Auch durch das starkes Gefälle zur Kreuzung mit dem Dannhalmsweg hin sollte sich hier eine Fahrradfreigabe auf dem Gehweg eigentlich verbieten.

Anton-Günther-Straße

Hier sind die Gehwege an keiner Stelle für den Radverkehr freigegeben.

Anbindung von Moorwarfen und Cleverns

Auch außerhalb der Kernstadt sieht es traurig aus. An der alten Bundesstraße in Richtung Moorwarfen gibt es zwar einen gemeinsamen Geh-/Radweg, aber der ist in einem schlechten Zustand und für Begegnungsverkehr zu schmal.

An der L 813 in Richtung Cleverns gibt es nur einen Gehweg, der für den Radverkehr in beide Richtungen freigegeben ist – auch zu schmal und der Asphalt wird auch langsam aber sicher uneben.

Zusammenfassung

In Jever gibt es innerorts drei Arten von Wegen:

  • Gehwege, die nicht von Radfahrenden benutzt werden dürfen
  • Gehwege, die von Radfahrenden benutzt werden dürfen, aber nicht benutzt werden sollten
  • Radwege, die nicht sicher benutzt werden können.

Für den Radfahrplan 2030 bedeutet das nur Positives: Alles, was jetzt kommt, kann eigentlich nur besser werden.


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Über den Autor

Mein Name ist Oliver de Neidels, ich bin 1979 geboren und wohne seitdem in Jever. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Ich bin selbständig und habe ein kleines Unternehmen, das Webseiten wie diese hier baut.

Seit November 2021 sitze ich im Jeverschen Stadtrat und versuche dort (unter anderem) die Verkehrswende in der Kleinstadt voran zu bringen und den Straßenraum ein wenig gerechter zu verteilen.