Die goldenen Regeln für Radwege
Wie sieht ein guter Radweg aus? Reicht es, ein Schild aufzustellen? Was gilt es zu beachten und was sollte bei der Planung unbedingt vermieden werden?
Wer für die schwächsten plant, der plant für alle
Die Zielgruppe für Radwegplanung muss immer die schwächste Gruppe sein. Wenn der Radweg für 10-jährige SchülerInnen oder 80-jährige SeniorInnen gut nutzbar ist, dann können auch alle anderen ihn benutzen. Starke und selbstbewusste Radfahrende können sich auf der Fahrbahn behaupten und brauchen keine besondere Infrastruktur. Die meisten anderen Radfahrenden fühlen sich dort aber sehr unsicher und nutzen im Zweifelsfall das Rad gar nicht.
Mischverkehr nur bis Tempo 30
Kraftfahrzeuge fahren innerorts 50-60 km/h, Fahrräder etwa 20 km/h. Wegen des hohen Tempounterschieds ist gemeinsamer Verkehr auf der Fahrbahn deshalb nur bis Tempo 30 sinnvoll. Bei höheren Geschwindigkeiten ist der Unterschied zu groß: Radfahrende werden zunehmend gefährdet und Autofahrende fühlen sich behindert. Insbesondere für SchülerInnen und SeniorInnen gibt es keine Alternative zum eigenen Radweg.
Hier ist auch auf eine Trennung zum Fußverkehr zu achten, sonst verlagern sich die Konflikte nur.
Wege müssen breit genug sein
Fahrradwege müssen breit genug sein um zwei Radfahrenden das Nebeneinanderfahren oder Überholen zu ermöglichen ohne auf die Fahrbahn oder den Gehweg ausweichen zu müssen. Die gängigen Regelwerke sprechen hier von mindestens 2 m oder sogar 2,30 m Breite.
Neben normalen Fahrrädern sind auch immer mehr Lastenräder, Räder mit Anhängern oder Dreiräder unterwegs, die breitere Wege benötigen. Für diese Fahrzeuge sind auch falsch gebaute Umlaufgitter ("Drängelgitter") nicht überwindbare Engstellen.
Glatte Oberflächen müssen sein
Um sich komfortabel und sicher auf dem Rad fortbewegen zu können, müssen die Radwege glatt asphaltiert oder mit ungefasten Steinen ausgestattet sein. Schlaglöcher oder Wurzelaufwölbungen müssen zeitnah repariert werden. Je glatter die Oberfläche ist, desto komfortabler lässt sich der Weg nutzen.
Sicherere Kreuzungen verhindern Unfälle
Kreuzungen und Einmündungen müssen sicher gestaltet sein, denn hier passieren die meisten Unfälle. Abbiegegeschwindigkeiten von Kraftfahrzeugen müssen reduziert werden (z.B. durch engere Kurvenradien und Aufpflasterungen bei Einmündungen), die Sichtbarkeit von Radfahrenden muss erhöht werden (z.B. durch Verschwenken der Radwege, Schutzinseln, Markierungen auf der Fahrbahn und Freihalten von Sichtachsen). Gute Beispiele sind sog. Niederländische Schutzkreuzungen.
Nur direkte, durchgängige und einheitliche Wege sind gute Wege
Radwege müssen durchgängig ohne Lücken, Straßenseitenwechsel oder gar einem Zwischenstopp zur Orientierung nutzbar sein. Umwege sollten vermieden werden, Hindernisse wie Poller, Laternen oder Schilder haben auf Radwegen nichts zu suchen. Um Bushaltestellen, Glascontainer, parkende Autos bzw. deren sich öffnende Türen und Eingangsbereiche von Geschäften müssen Wege einen großen Bogen machen. Vom Gehweg sollte der Radweg auch baulich getrennt sein, z.B. durch einen Bordstein.
Auch in der Ausführung sollen Wege stadtweit einheitlich gestaltet sein: Gleiche Gestaltung an Kreuzungen und Einmündungen, gleiche Oberflächen, Farbgebung und Beschilderung.
Ziel der Radwegplanung muss ein zusammenhängendes Radwegnetz sein.
Gehwege mit “Radfahrer frei” sind keine Radwege
Ein Gehweg ist ein Gehweg und für den Fußverkehr vorgesehen. Die Beschilderung mit dem Zusatzschild “Radverkehr frei” macht aus dem Weg keinen Radweg und sollte immer die letzte Wahl sein und dann auch nur übergangsweise bis zur Umsetzung einer besseren Lösung. Diese Wege sind einer der größten Konfliktquellen zwischen den beiden Verkehrsarten. Mehr dazu.
Über den Autor
Mein Name ist Oliver de Neidels, ich bin 1979 geboren und wohne seitdem in Jever. Ich bin verheiratet und habe drei Kinder. Ich bin selbständig und habe ein kleines Unternehmen, das Webseiten wie diese hier baut.
Seit November 2021 sitze ich im Jeverschen Stadtrat und versuche dort (unter anderem) die Verkehrswende in der Kleinstadt voran zu bringen und den Straßenraum ein wenig gerechter zu verteilen.